Feed the World
Feed the World | © Martin Bornemeier

Feed the World – Vom Tellerwäscher zum Influencer

Feed the world! Warum Podcast ein positives Beispiel für digitale Kommunikationsstrukturen sind.

Feed the World: Betreiber von Plattformen machen im Netz ihre eigenen Regeln. Die Kommunikation wird so von wirtschaftlichen Kriterien bestimmt. Politisch müssen Provider basierende Konzepte gefördert werden.

Feed the World

Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter, Instagram oder TikTok liefern Texte, Bilder und Videoclips von anderen Nutzerinnen und Nutzern, die im Feed angezeigt werden. Bei der Vielzahl an Inhalten wählt das Netzwerk nach eigenen Kriterien aus, welche Inhalte mit welcher Wichtigkeit angezeigt werden.

Ein gängiges Geschäftsmodell ist beispielsweise das Zahlen eines Betrages zur besseren Ausspielung eigener Inhalte. Die Regeln dazu legt das betreibende Unternehmen selbst fest. Außerdem bevorzugt das Netzwerk Inhalte, die den wirtschaftlichen Interessen der Betreiber entsprechen.

Das Problem dieser Netzwerke ist die Bildung von Öffentlichkeit. Die Inhalte zeigen zwar einen Teil der Öffentlichkeit, werden aber nicht nach den Regeln des offenen Marktes gesteuert. Sie sind geschlossene Systeme, die privatwirtschaftlich gesteuert werden. Das Internet ist von seiner Architektur eigentlich anders konzipiert.

Freiheit der Öffentlichkeit

Als Gegensatz zu den geschlossenen Systemen sind offene Systeme, wie frei empfangbares Fernsehen und Radio zu nennen. Im Internet gehören zu dieser Gruppe die Podcasts. Bei ihnen sind sowohl auf der Seite der Produzenten als auch bei den Konsumenten die Anbieter frei wählbar.

Der Produzent kann auf einem freien Markt selbst wählen, bei welchem Anbieter er seinen Podcast hostet. Der Konsument kann sich ebenfalls für eine Plattform entscheiden, über die er das Angebot abruft. Verbunden werden Produzenten und Konsumenten über den Podcast-Feed, der es beiden Seiten sogar freistellt, sich ganz ohne einen kommerziellen Anbieter in diesem öffentlichen Raum zu bewegen.

Vor- und Nachteile der Systeme

Je nach Perspektive gibt es Vor- oder Nachteile der offenen und geschlossenen Systeme. Bei den offenen Systemen begrenzen normierte Standards und Qualitätsmerkmale den Zugang zur aktiven Mitgestaltung des öffentlichen Raums. Eine einfache Bürgerin oder ein einfacher Bürger hat einen schwereren Zugang zum Fernsehen als ein ausgebildeter Journalist.

Die privatwirtschaftlich gesteuerten und geschlossenen Systeme sind hingegen auf maximal viele Mitglieder angewiesen. Sie versprechen daher eine einfache Mitgestaltung des öffentlichen Raums durch jeden. Bei ihnen kann der Tellerwäscher zum Influencer werden.

Markt der Öffentlichkeit

Das Zusammenspiel von Öffentlichkeit und Wirtschaft ist nicht neu. Auch die Zeitung ist aus privatwirtschaftlichen Interessen gesteuert. Bei ihr gibt es ebenfalls Zugangsbeschränkungen bei der aktiven Mitgestaltung des öffentlichen Raumes, den die Zeitung prägt. Hier kann ich durch meine Persönlichkeit bspw. zum Interviewpartner werden. Allerdings kann durch die Pressefreiheit gedeckt auch ein Markt von unterschiedlichen Zeitungen entstehen. Neben kommerziellen Tageszeitungen gibt es auch Wochen-, Kirchen- und Vereinszeitungen sowie Magazine und Zeitschriften.

Der entscheidende Unterschied bei der Zeitung ist, dass sie immer noch einen Zeitpunkt abbildet. Zwischen den Ausgaben gibt es Perioden des Stillstands. Das macht sie nicht automatisch zum Vorbild für ein perfektes Zusammenspiel von Privatwirtschaft und Öffentlichkeit. Es zeigt hingegen das Fehlen periodischer Zyklen, in denen Zeit zur Auseinandersetzung und Reflexion mit den präsentierten Inhalten ist.

Kritik heutiger Systeme

In geschlossenen Systemen wie Facebook und Twitter gibt es keinen Redaktionsschluss und keine Pausen. Hier ist jeder einzelne gefragt, seine Pausen zu machen und sich Zeit für die eigene Reflexion zu geben. Diese Individualisierung bringt Menschen auf der einen Seite zwar zusammen, entfernt sie aber auch gleichzeitig voneinander. Die Menschen finden ihre eigenen Rhythmen, da es keinen gesellschaftlichen Rhythmus gibt.

Für die Zeitung musste der Konsument zum einen Geld hinlegen und zum anderen auch lesen können. Bildung war hier ein maßgeblicher Schlüssel für den Zugang zu der von einem Zeitungsmarkt geprägten Öffentlichkeit.

Bei den geschlossenen Systemen der Plattformen sozialer Medien tritt allerdings ein anderer Faktor hinzu. Entscheidend ist nicht die Bildung, die einem sowohl monetär als auch geistig den Zugang ermöglicht, sondern der Konsum.

Die Hersteller digitaler Endgeräte und die Plattformbetreiber profitieren gegenseitig und bilden eine bemerkenswerte Symbiose. Sie definieren die Standards gesellschaftlicher Kommunikation. Konsum findet sowohl beim Erwerb der sich ständig entwickelnden Endgeräte als auch beim Konsum kontinuierlich neu erzeugten Inhalte statt.

Politische Konsequenzen

Die großen Akteure im Internetgeschäft sitzen in den USA oder China. Die Politik erkennt eine immer größer werdende Lücke. Gefordert wird daher mehr Digitalisierung, mehr Start Ups und mehr Innovationen. Die Förderung neuer digitaler Akteure soll Konkurrenz am Markt schaffen. Nur ist die Marktdominanz einzelner Unternehmen mittlerweile so groß, dass neue Firmen mit ihren Ideen einfach geschluckt werden können.

Es bleibt also die Frage, wie gesellschaftliche Kommunikation in Zukunft wirklich in seiner Vielfalt gesichert werden kann. Die oft geforderte Transparenz muss sich auch in technischer Umsetzung wiederfinden. Wir brauchen daher die Förderung der öffentlichen Feeds.

Die Architektur des Internets besitzt bereits die technischen Voraussetzungen dafür. Genannt werden kann hier die RSS („Rich Site Summary„). Die technischen Standards müssen so weiterentwickelt werden, dass sich im Netz ein Provider-Prinzip durchsetzen kann, ähnlich wie es bei den Mail-Anbietern bereits der Fall ist. Es muss das vorhandene Adresssystem genutzt werden, um das Teilen von Nachrichten, Bildern und Videoclips von den geschlossenen Systemen weg zu bekommen. Das gilt auch für Plattformen wie Amazon und YouTube. Als Vorbild kann der Podcast genannt werden.

Cookie Consent mit Real Cookie Banner