Build that wall
Build that wall | Bild von David Peterson auf Pixabay

„Build that wall“

„Build that wall“. Mit diesem Slogan machte Donald Trump in seinem Wahlkampf Stimmung gegen die illegale Einwanderung von Mexiko in die USA. Seine Lösung für Probleme mit Kriminalität und Drogen sah er in der Errichtung einer großen Mauer auf der Grenze zwischen den beiden Staaten.

Bis exakt heute ist dieselbe Zeit seit dem 9. November 1989, dem Fall der Berliner Mauer, vergangen, wie eben diese Mauer stand. Vom 13. August 1961 bis zu ihrem Niedergang und von da bis heute vergangen jeweils 10 316 Tage bzw. 28 Jahre, 2 Monate und 28 Tage. Als „Berliner Mauer“ wurde die Grenzsicherungsanlage der DDR gegenüber den drei Westzonen in Berlin bezeichnet, die damals nach dem Krieg von den Alliierten kontrolliert worden waren. Diese Mauer ist von daher nicht mit der innerdeutschen Grenze zwischen BRD und DDR gleich. Das eingeschlossene Berlin sah man daher als eine Art Symbol für den Konflikt des Kalten Krieges.

Warum braucht der Mensch Mauern?

Seit Oktober 2017 stehen an der Westküste der USA nahe der Grenze zu Mexiko bei San Diego acht fertige Prototypen für die neue Mauer von Donald Trump. Einer der Entwürfe, wie auf Fotos im Netz zu sehen ist, erinnert mit seinem Wulst an der oberen Kante ein wenig an die Berliner Mauer. Die neue Mauer wäre nach Trumps Angaben mit 21 Milliarden US-Dollar das teuerste öffentliche Gebäude der Menschheitsgeschichte (vgl. Schmieder). Allein zur Instandhaltung der vorhandenen Grenzanlage habe der Kongress bereits 1,8 Milliarden genehmigt, um einmal die Größendimension sich vor Augen zu führen. Auch wenn der Fall der Berliner Mauer bereits eine gute Generation her ist, ist das Thema Mauerbau immer noch aktuell. Warum braucht der Mensch Mauern? Und wieso gibt es überhaupt Grenzen, an denen sich eine Mauer idealerweise aufstellen lässt?

Grenzen können zum einen gewählt und konzipiert sein. D.h. man legt zwei Punkte fest und definiert so eine Linie die fortan als Grenze bezeichnet wird. Zum anderen sind Grenzen auch natürliche Trennungen, wie Flüsse, Bäche, Meere oder Berge. Viele Landesgrenzen verlaufen auf solchen natürlichen Grenzen. Die Grenzen schaffen Räume und bieten Orientierung. Wenn ich in diese Richtung bis zu dem Fluss laufe, dann kann ich mein Ziel nicht verfehlen. Außerdem finde ich mit Hilfe dieser Orientierung auch immer wieder zu meinem Ausgangspunkt zurück.

Räume

Der Raum, wie z.B. in einem Haus oder aber auch anderswo, wird mit dem Übertritt über die Schwelle erreicht. Der Raum bietet Schutz, schafft Ordnung und gibt Orientierung. Die Schwelle bzw. die Grenze ermöglicht es mir, mich in einem Raum zu bewegen. Ohne den Raum wäre die Bewegung ziel- und sinnlos sowie faktisch nicht möglich. Das sind die Grenzen in den realen Räumen.

Es gibt aber auch geistige Räume, die durch geistige Grenzen eröffnet werden. In diesen geistigen Räumen kann man sich frei bewegen, denken, träumen, phantasieren, usw. Die Sprache ist eine bedeutsame Begrenzung für diesen geistigen Raum, der sich Denkraum nennen lässt. Der Denkraum ermöglicht es eine Identität zu bilden. Die Identität ist das geistige Äquivalent zum Zuhause oder der Heimat im realen Raum, wo mein Dorf oder mein Haus steht. Von diesem Punkt aus, sowohl von der Identität als auch von meinem Haus aus kann ich mich zum Anderen verhalten. Ich kann verreisen, ich kann andere Menschen treffen, weil ich weiß, dass ich Ich bin. Ich bin mir selbst bewusst.

Solange ich meine Situation nicht bedroht sehe, funktioniert auch die Begegnung mit dem Anderen und dem Fremden. Wenn ich meine Identität oder mein Zuhause bedroht sehe, unabhängig davon, ob es eine tatsächliche Bedrohung gibt, bekomme ich Angst und verhalte mich anders. Ich will meine Identität, mein Haus schützen, damit ich weiterhin sein kann (im Sinne von existent sein). In einer bedrohten Situation können die Reaktionsmöglichkeiten eingeschränkt sein. Auf staatlicher Ebene könnte dies in Form von Protektionismus geschehen. Etwas weiter gefasst, könnte man da auch vom Überlebenskampf sprechen, der eben auf geistiger Ebene als Existenzkampf stattfindet.

„Build that wall“

Aber bedeutet das, dass man es normal finden muss, den Bau von Mauern zu fordern? Die Mauer symbolisiert die Lösungen für die inneren Probleme, die mit dem Schutz nach außen auch die Probleme auszulagern versucht. Diese Strategie scheint schnell Abhilfe zu schaffen, verschiebt das eigentliche Problem allerdings nur auf später.

Es gibt im Leben sehr viele Situationen, in denen schnelle Lösungen gefunden oder Entscheidungen ohne genug Bedenkzeit getroffen werden müssen. Wichtig ist dabei, dass Lösungsstrategien dieser Situationen nicht zum routinierten Mittel oder Standard werden dürfen. Aus diesem Grund gibt es Evaluationen und Nachbesprechungen, die zum Ziel haben, Lösungsansätze zu bewerten und neue Strategie für die Zukunft zu finden. „Build that wall“ zu fordern, ist keine Lösung!

Echte Lösungen für Probleme können nur nachhaltige Lösungen sein. Nachhaltige Lösungen sind keine unmittelbaren Lösungen. Sie sind komplexer und benötigen sowohl mehr Zeit als auch mehr Knowhow. Wenn eine nachhaltige Lösung aus der besonderen Situation heraus nicht möglich ist, da eine sofortige Entscheidung oder Handlung erforderlich ist, wie bspw. in der Situation von Lebensgefahr, kann mit Hilfe der Evaluation im Nachgang und mit entsprechenden Konsequenzen ebenfalls die Qualität einer nachhaltigen Lösung erreicht werden. Eine Form der Evaluation oder Nachbesprechung ist z.B. die Geschichtswissenschaft.

Nachhaltige Lösungen

Braucht der Mensch also nun Grenzen? Ja. Aber hat er zur Sicherung seiner geistigen und realen Räume nur die Wahl der Errichtung von Mauern? Entschieden Nein! Es gibt ein Symbol, dass den Gedanken an die Möglichkeit einer nachhaltigen Lösung sehr schön verdeutlicht: Die Brücke. Eine Brücke zu bauen ist anstrengender als einen Wall aufzuschütten oder auch eine Mauer zu errichten. Wie die Brücke gestaltet wird und wer sie am Ende bezahlt, sind Fragen, die in langen und mühseligen Diskussionen beantwortet werden. Wenn das Projekt dann abgeschlossen ist, freut man sich persönlich mehr über die gemeinsam verbrachte Zeit als über das Ergebnis. Von dem Ergebnis können aber noch viele Andere und auch Fremde profitieren.

Literatur

Schmieder, Jürgen, Build! The! Wall! (sz.de, 04.02.2018, 13:41 Uhr), URL: http://www.sueddeutsche.de/kultur/donald-trump-und-die-mauer-build-the-wall-1.3851142

Auf das Thema aufmerksam geworden bin ich heute beim Hören der Sendung „Hielscher oder Haase“ bei Deutschlandfunk Nova: Eggerichs, Grit, Die Berliner Mauer ist so lange weg, wie sie mal stand (Deutschlandfunk Nova, 05.02.2018), URL: https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/berliner-mauer-erinnerung-an-die-teilung-deutschlands

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