Driving Home for Christmas
Driving Home for Christmas | Bild generiert mit AI-Wonder

Driving Home for Christmas

Driving Home for Christmas. Chris Reas Version von Weihnachten und warum der Song im Auto entstand.

„Driving Home for Christmas“ lautet der Titel eines Musikstücks von Chris Rea, das nun seit etwa 30 Jahren ein immer wiederkehrendes Phänomen beschreibt. Die Idee hatte Rea, als er kurz vor Weihnachten von seiner Frau mit dem Auto abgeholt worden war, da die Fahrt mit der Bahn teurer gewesen wäre. Als sie auf dem Weg in einen Stau gerieten, fiel ihm die schlechte Laune der anderen Autofahrer auf. In diesem Moment begann er zu singen, später schrieb er seinen Song nieder. Es dauerte eine Weile, bis es zur Veröffentlichung kam. Für ihn sei der Song seine Version von Weihnachten (vgl. Lindhorst).

Auch in dieser Woche werden sich wieder viele Menschen auf den Weg nach Hause machen, zu ihren Lieben, ihrer Familie. Heimat und das zu Hause ist ein Kernthema von Weihnachten, auch wenn dies im Vorfeld oft aus dem Blick gerät. Geschenke sind gekauft, der letzte Arbeitstag geschafft, die letzte Vorlesung ausfallen gelassen, das Treffen mit den alten Freunden geplant. Dann geht es vollbepackt ins Auto oder in die Bahn, auf den Weg nach Hause.

Weihnachtsverkehr

Seit dem 10. Dezember 2017 gilt der neue Fahrplan der Bahn. Rechtzeitig zum Weihnachtsverkehr. Es scheint, als würde die Bahn den Termin wählen, um die Leistungsfähigkeit ihres neuen Plans zu testen. Neu dieses Jahr ist außerdem die Fertigstellung des Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8, kurz VDE 8. Übersetzt in die PR-Sprache heißt das: Berlin-München in unter 4 Stunden. Das Projekt ist nur wenige Jahre nach der Veröffentlichung des Songs von Chris Rea ins Leben gerufen worden.

Von Beginn an hagelte es begründbare Kritik: Mit 10 Milliarden Euro Investitionskosten war es deutlich teurer als geplant, der Premierenzug mit Ehrengästen an Board hatte Verspätung, Züge fielen bereits in den ersten Tagen komplett aus. Es scheint der Wurm drin zu sein. Die Beziehung der Deutschen zu ihrer Bahn gleicht einer routinierten Hass-Liebe, man wäre eigentlich auch enttäuscht, wenn ein Prestigeprojekt wie dieses, ohne weitere Vorkommnisse an den Start gehen würde. Die Fehlersuche beginnt sogleich und erweckt den Anschein, als würden vorbereitete Papiere aus den Schubladen gezogen. Vergleiche mit anderen Ländern zeigen, dass es deutlich besser geht. Der Bahn als ökologische Alternative zu Flug und Auto wird eine schlechte Zukunftsprognose entgegengestellt. Zudem gibt es ein Imageproblem in dem Konzern.

Ich kenne dies auch. Menschen mit roten Krawatten oder Halstüchern wirken durch die Assoziation mit dem Bahn-Personal von vorherein unfreundlich. Die Bahn ist mir zu teuer, ich habe immer Verspätung, die Züge sind selten sauber und oft überfüllt. Was bedeutet diese Haltung für meinen Weg nach Hause? Lasse ich diesen Stress tatsächlich an mich heran, in der Erwartung, dass mich die Bahn sowieso enttäuschen wird? Die Stimmung und Besinnlichkeit ist zu Hause angekommen schnell dahin. Die Nerven liegen blank. Woran liegt das?

Driving Home for Christmas

Weihnachten markiert einen kulturellen, gesellschaftlichen und familiären Schnittpunkt von Zeit und Ort. Das Fest zeigt uns, wo wir herkommen und wo wir hin zurückkehren können. Es beinhaltet zusätzlich die Erinnerung an das Glück des Kindseins, das mit leuchtenden Augen den Glanz von Weihnachten in seiner Reinheit sehen konnte. Die Sehnsucht dieser Reinheit lässt die Erwartungen steigen, die Wiedervereinigung der Familie an Weihnachten genauso erleben zu können. Auch das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8 steht in diesen Tagen unter demselben Erwartungsdruck. Die Erwartung weicht der Möglichkeit der Entscheidung, sodass dabei das Eintreten muss, was die Erwartungen erfüllt.

Da ich nicht mehr zurück zum kindlichen Erleben kann, bleibt mir also nichts anderes, als den Entschluss zu fassen, den auch Chris Rea damals im Auto fasste. Ich bestaune einen ICE 3, der mit bis zu 300 km/h über 37 Talbrücken und durch 27 Tunnel in unter 4 Stunden durch ein wiedervereinigtes Deutschland fährt. Ich entscheide mich, Weihnachten zu Hause zu verbringen anstatt Weihnachten mit Erwartungen zu begegnen. Ich singe „Driving home for Christmas“.

Literatur

Lindhorst, Roger, Chris Rea – „Driving Home For Christmas“, URL: http://www.ndr.de/ndr1niedersachsen/sendungen/Chris-Rea-Driving-home-for-christmas,chrisrea107.html (04.12.2013, 16:50 Uhr), Zugriff am 18.12.2017.

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